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Wir stürzen uns deshalb ganz auf das Subjektive, die Performance und die Psychologie. Schon beim Einsteigen geht es los. Sobald man sich unter den fallbeilartigen Türen hindurch geschlängelt hat und auf den Sitzen knapp über dem Asphalt Platz nimmt, wähnt man sich eher in einem Flugsimulator als einem Auto. Vor den Augen ein digitales Cockpit und zur Rechten unter der roten Klappe ein Startknopf, der irritierend an den Feuerknopf eines Bordschützen erinnert. Blickt man nach draußen, sieht man nichts als die Straße und das vorausfahrende Auto, dass uns über die erste Runde auf der Rennstrecke führt; die Landschaft drum herum ist wie ausgeblendet. Ausblenden sollte man auch das ökologische Gewissen. Dass der Wagen schon auf dem Prüfstand mehr als 17 Liter verbraucht (immerhin 20 Prozent weniger als früher), dass er mehr als 310.000 Euro kostet - und dass die Marke auch recht zwielichtige Kundschaft anlockt. Im Strada-Modus fährt sich das Auto nahezu kinderleicht Etwas Konzentration und Intuition, mehr braucht es nicht, um den Aventador zu beherrschen. Zumindest im Strada-Modus ist der Kampfstier auf Rädern fast so brav wie ein Kalb im Streichelzoo. Auch die Geräuschkulisse im Innenraum ist noch vergleichsweise dezent. Und obwohl im Heck ein 6,5 Liter großes Triebwerk sitzt, das 700 PS und 690 Nm entwickelt, hält man den Boliden dank Allradantrieb, automatisiertem Schaltgetriebe und dem Sicherheitsnetz der ESP-Regler problemlos auf Kurs. Das Gefühl für die Geschwindigkeit geht allerdings schon nach wenigen Sekunden völlig verloren - zumal der viel zu kleine Digitaltacho in Fahrt kaum ablesbar ist. Ein Sprintwert von 2,9 Sekunden für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in war für Supersportwagen bislang unvorstellbar. Und eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h ist ebenfalls - nun ja, dekadent? Zwischen Himmel und Hölle liegen bei Lamborghini nur zwei Schalterstellungen. Schon der Wechsel in den Sport-Modus wirkt wie ein Adrenalinstoß. Eben noch untersteuernd ausgelegt, dreht es den Boliden jetzt schon deutlich schwungvoller aus der Kurve, das Motorgeräusch wechselt weit jenseits von 8000 Touren ins Crescendo und das Gaspedal reagiert bereits kleinste Bewegungen. Wechselt man dann gar in den Corsa-Modus, wird das Auto im Prinzip waffenscheinpflichtig. Denn jetzt sortiert das Getriebe die Gänge rasend schnell, nach wenigen Metern sitzt ein charakteristisches Singen in den Ohren und der Aventador ist so, wie sich Commandante Winkelmann einen Lamborghini vorstellt, "extrem und kompromisslos."
Abgesoffen in Benzin und Adrenalin Mit jeder Runde auf der Rennstrecke mutiert man ein bisschen mehr zur Maschine. Es fühlt sich fast so an, als verwachse man mit dem Wagen; jedenfalls will man immer noch schneller, rasanter, verwegener fahren. Es geht längst nicht mehr ums große Ganze, sondern die ganz private Gier. Der Lamborghini verwandelt einen Fahrer schnell zum Ego- oder Hedonisten. Aber bei aller Begeisterung und dem mit jeder Runde wachsenden Vertrauen bleibt am Ende die nüchterne Erkenntnis, dass der Aventador besser ist als jeder Fahrer und die Limits vor allem von den Leitplanken, den eigenen Fähigkeiten und dem Rest an Vernunft gesetzt werden, der noch nicht in Adrenalin und Benzin abgesoffen ist. Allerdings: Ein bisschen was vom Aventador müssen seine Käufer schon haben, wenn sie nicht leer ausgehen wollen. Denn nur die wirklich schnellen unter den reichen Rasern kommen zum Zuge. Zwar ist noch kein Kunde auch nur einen Meter mit dem Auto gefahren , doch die ersten gut 1000 Exemplare, die bis Ende 2012 gebaut werden sollen, sind schon ausverkauft. |
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